Die Zucht

Wissenswertes über die Zucht von Meerschweinchen

Vorab sei gesagt: Ich züchte nach Bundesdeutschem Verbandsstandard des MfD (Meerschweinchenfreunde Deutschland) ausschließlich mit Rassemeerschweinchen.

Da es immer mehr Menschen gibt, die gerne Meerschweinchenbabys aufwachsen sehen möchten, oder sich sogar für die Zucht interessieren, es dabei aber einige Besonderheiten zu beachten gibt, habe ich hier  eine Seite über Verpaarung, Geburt und Aufzucht der Babys erstellt.

Weibliche Meerschweinchen sind etwa ab einem Alter von 4 Wochen geschlechtsreif. Jedoch ist ihr Körper für so eine frühe Trächtigkeit noch viel zu klein. Sie sollten erstmals ab einem Alter von mindestens 4-5 Monaten und einem Mindestgewicht von ca. 700g gedeckt werden. Jedoch sollte man auch nicht zu lange warten, da ab einem Alter von ca. 10 Monaten der Beckenring zu verknöchern beginnt und damit an Elastizität verliert, was Geburtsrisiken zur Folge haben kann. Weibchen, die gedeckt werden sollen, sollten auf keinen Fall zu dick sein. Es besteht im letzten Drittel der Trächtigkeit die Gefahr einer Trächtigkeitstoxikose. Dieser Erkrankung liegt eine Fettleber zugrunde. Leberverfettung entsteht u.a. durch falsche Ernährung (zu energiereich) und Übergewicht, Umweltgifte (Schadstoffe), Medikamente, Vitaminmangel und giftstoffproduzierende Krankheitserreger. Eine Trächtigkeitstoxikose endet meistens tödlich für die Meerschweinchen.

Ein Bock sollte ebenfalls erst im Alter von 4-5 Monaten zur Zucht eingesetzt werden, da er eine gewisse Körpergröße, Kraft und Selbstbewusstsein benötigt, um sich beim weiblichen Geschlecht durchsetzen zu können und nicht allzu schnell entmutigt wird, durch unsanftes zurückweisen der Säue, welche Jungböcke manchmal noch nicht so recht akzeptieren wollen.

Fälschlicherweise wird oft angenommen, dass durch Inzucht bei Meerschweinchen Erbkrankheiten auftreten. Dies ist so jedoch nicht richtig. Erbkrankheiten sind bei der Inzucht nur dann zu erwarten, wenn beide Partner die gleichen rezessiven Gendefekte besitzen und diese sich dann im homozygoten Zustand bei den Nachkommen im äußeren Erscheinungsbild zeigen. Inzucht deckt also versteckt vorhandene, krankhafte Erbanlagen nur eher auf, was für die Zucht deshalb ein großer Vorteil ist, da man mit Erbfehlern behaftete Zuchttiere rechtzeitiger aus der Zucht ausschließen kann, mit dem Ziel, eine gesunde, einwandfreie Linie aufzubauen.

Bei Weibchen variiert der Brunstzyklus zwischen 15 und 20 Tagen.  Außerhalb der Brunst ist der Scheideneingang durch eine Membran fest verklebt, beginnt sich am Tag der Vorbrunst leicht zu öffnen, ist am Tag der Hauptbrunst ganz offen und schließt sich am darauf folgenden Tag wieder. In der Zeit der Hauptbrunst ist das Weibchen empfangsbereit. Auch wenn Böcke immer wieder mal versuchen das Weibchen zu besteigen, gelingt ihnen eine erfolgreiche Befruchtung nur während der Hauptbrunst der Sau. Allerdings kann es auch vorkommen, dass die Brunst durch die Anwesenheit eines Bockes vorzeitig ausgelöst wird. Der Bock kann am Geruch der Sau ihre Brünstigkeit feststellen. Ist es soweit, wird er sie mehrfach in kurzen Zeitabständen besteigen. Nach erfolgreicher Befruchtung verhärtet sich das Sperma des Bockes im Scheideneingang der Sau zu einem wachsartigen Pfropfen.

Die Tragzeit von Meerschweinchen liegt im Durchschnitt bei 68 Tagen. Jedoch sieht man den Säuen die Trächtigkeit erst ab der 4-5 Trächtigkeitswoche an. Ab etwa 3 Wochen vor der Geburt fühlt man die ersten Kindsbewegungen, indem man die Hände vorsichtig um den Bauch der Weibchen legt oder ihn vorsichtig abtastet. Der Bauch der Weibchen rundet sich an den Seiten, nicht wie bei uns Menschen nach vorne. Dadurch sind die Weibchen trotz eines manchmal beträchtlichen Umfanges immer noch recht mobil. Am Ende der Tragzeit kann es sein, dass die Weibchen mehr als ein Drittel ihres Körpergewichtes zugenommen haben.

Meerschweinchen bauen keine Nester. Sie suchen sich schon vor der Geburt einen Platz für die Geburt aus, wann es aber letztendlich losgeht verraten sie nicht. Durch ertasten der Schambeinfuge, einer Verbindung aus Bindegewebe, die dem Geschlechtsteil vorgelagert ist, kann man den Termin der Geburt erahnen. Die Schambeinfuge ist normalerweise geschlossen und beginnt sich etwa eine Woche vor der Geburt zu öffnen. Sobald die Fuge so weit geöffnet ist, dass zwischen diesen entstehenden Spalt locker ein Zeigefinger dazwischenpasst, steht die Geburt kurz bevor. Man muss jedoch mit Zeitschwankungen von 12 Std. bis zu 3 Tagen rechnen, da jede Geburt individuell ist.

Spätestens jetzt sollte man den Bock vom Weibchen trennen, da diese unmittelbar nach der Geburt wieder brünstig werden und sofort nachgedeckt werden können.

Im Durchschnitt bekommen die Weibchen 2-4 Junge. Möglich, wenn auch seltener sind aber auch Einzelkinder oder bis zu 7 Babys pro Wurf. Leider überleben in großen Würfen jedoch oft nicht alle Babys.

Die Jungen sind Nestflüchter und werden bereits fertig entwickelt, mit Fell und offenen Augen geboren. Ihre Milchzähne haben sie schon vor Geburt gegen das bleibende Gebiss gewechselt.

Beginnt die Geburt, kann man manchmal bei den Müttern die Wehen beobachten. Die Babys kommen normalerweise in Kopflage zur Welt. Sobald ihr Kopf zu sehen ist, reißt die Mutter die Eihülle, die das Baby umgibt auf, damit das Baby atmen kann. Danach wird das Baby meisten zügig geboren, die Mutter frisst die gesamte Eihülle und durchtrennt die Nabelschnur. Sie frisst auch die Nachgeburt, dadurch wird die Milchbildung angeregt. Sollte man beobachten, dass das Weibchen während der Geburt eines seiner Jungen nicht sofort aus der Eihaut befreit, kann man unterstützend eingreifen, indem man die Eihülle im Bereich der Schnauze aufreißt, damit das Baby atmen kann. Manche Mütter sind mit der Geburt manchmal etwas überfordert oder lassen sich durch ihre bereits geborenen Babys ablenken. Zeigt ein Baby kaum Lebenszeichen nach der Geburt bzw. ist recht schlaff und regungslos, kann es helfen, wenn man es mit einem Tuch trocken rubbelt (zur Kreislaufanregung) und für eine Weile warm hält.

Ist die Geburt abgeschlossen, beginnt sich die Mutter zu putzen. Gleich anschließend bekommt sie großen Hunger und muss erstmal eine kräftige Mahlzeit zu sich nehmen.

Kräftige Babys machen manchmal sofort nach der Geburt ihre Erkundungsgänge und beginnen am Heu zu knabbern, während kleinere Babys sich noch einige Tage länger in der Wurfecke aufhalten bei der Mutter, bis sie Alleingänge wagen. Instinktmäßig machen sich Babys bald nach der Geburt auf die Suche nach den Zitzen um zu saugen. Auch das Saugen fördert nochmals den Milchfluss, wobei es möglicherweise bis zu 12 Std. dauern kann, bis die Milch endlich eingeschossen ist. Jedoch können frisch geborene Junge nach Geburt bis zu 12 Std. ohne Milch auskommen. Sind mehrere trächtige Meerschweinchen in einem Käfig, kann eine Geburt „ansteckend“ sein und sie werfen alle an einem Tag bzw. in einer Nacht. Das ist praktisch, denn so teilen sie sich die Brutpflege, d.h. jedes Baby darf meistens wahllos bei allen Müttern trinken. Dennoch behält die eigene Mutter für alle ihre Babys gleichermaßen ihr Fürsorgeverhalten bei, d.h. sie macht keinen Unterschied zwischen den „Fremdgängern“ und jenen, die ihr treu bleiben oder den fremden Babys „befreundeter Mütter“.  Je nach Wurfgröße und natürlich auch abhängig vom Alter der Jungen kann man recht unterschiedliche Säugeintervalle beobachten. Sind viele Babys im Wurf, wird häufiger gesäugt (manchmal alle 15 Min.), besonders auch, wenn die Kleinen schwächlicher sind. Bei kleinen Würfen (1- 2 Babys) wird seltener gesäugt.

In den ersten Lebenstagen lockt die Mutter durch leises glucksen ihre Jungen zum säugen herbei. Aber schon recht bald bestimmen die Jungen ihre Säugephasen selbst, indem sie unaufgefordert unter den Bauch der Mutter kriechen, um zu saugen. Die Jungen fixieren sich meist auf 1 bestimmte Zitze, die sie einmal ausgewählt haben und teilen sich diese ggf. mit weiteren Geschwistern, wobei sie sich regelmäßig abwechseln. 

Schwächlichere Jungtiere müssen schon mal beachtliche Hartnäckigkeit beweisen, um sich an der Milchquelle gegenüber ihren kräftigeren Geschwistern durchsetzen zu können. 

Die Jungtiere sollten 4 Wochen gesäugt werden, bzw. bis sie ein Gewicht von mindestens 250g. erreicht haben. Sie sollten nicht früher abgesetzt werden, da die Muttermilch sehr viele wichtige Stoffe enthält, die dem Aufbau der Darmflora und Abwehrkräften gegen Krankheiten dienen. Ausnahmen sollte man nur dann machen, wenn die Mutter z. B. zu stark ausgezehrt erscheint. Einem frühreifen Böckchen kann man einen erfahrenen Kastraten zusetzen, der unterbindet jegliches Gebromsel der kleinen Böcke. Jungböckchen kann man direkt nach dem Absetzen zu ihrem Vater gesellen oder in eine evtl. vorhandene Boygroup integrieren.

Babys sind noch recht unbedarft darin, Gefahren einzuschätzen, z.B. lassen sie sich aus einer Anhöhe einfach herunterfallen.  Auch das Sozialverhalten in der Gruppe müssen sie erst noch lernen. Doch auch wenn sie sich frech ins Gewühl stürzen, die älteren Tiere tragen es mit Fassung und üben Geduld. Nur wenn es ihnen mal zu bunt wird, werden die Kleinen mit der Schnauze „geboxt“, um sie in ihre Schranken zurückzuweisen.  Für Jungtiere ist es sehr wichtig, das Gruppenverhalten zu erlernen, um später bei Vergesellschaftung mit fremden Artgenossen nicht in Konflikte zu geraten.

Den Weibchen wird nach jeder Geburt eine gewisse Zuchtpause gegönnt, die so lange währt, bis die ursprüngliche Kondition zurückerlangt ist. Dies kann bei jeder Sau völlig unterschiedlich sein, denn die einen neigen zu raschem Fettansatz und brauchen deshalb recht kurze Pausen, andere wiederum zehren durch Geburt und Säugezeit so aus, dass sie wesentlich längere Pausen brauchen, bis sie regeneriert sind.

Bei zu langen Zuchtpausen riskiert man u.U. eine Verfettung der Sau, wodurch diese nachher auch Probleme beim Aufnehmen bekommen kann. Ideal sind im 1. Lebensjahr 1 Wurf, danach 2 – 3 Würfe im Jahr.

Was unterscheidet ein Rassemeerschweinchen von einem Hausmeerschweinchen? Ein Bericht von Dr . Christian Koch: 

  RASSEMEERSCHWEINCHEN – WAS IST DAS ?von Dr. Christian Koch 
 Prinzipiell unterscheidet ein Rasse- nichts von einem Hausmeerschweinchen. Der einzige Unterschied liegt in der Herkunft, so werden Rassemeerschweinchen nach einem bestimmten Ideal gezüchtet, während Hausmeerschweinchen vermehrt werden. Diese Ideal bildet für uns Züchter des MFD LV Berlin, Brandenburg u. Sachsen e.V. der Bundesdeutsche Verbandsstandard. Dieser Standard gibt dem Züchter vor, wie welche Farbe auszusehen hat, die Haarstruktur und der Körperbau beschaffen sein soll.

Demnach kennzeichnet das Rassemeerschweinchen – und das ist für alle Rassen gleich – ein möglichst muskulöser, breiter Körper. Das Tier soll einen stark ausgeprägten Stiernacken, eine breite Brust und Schulterpartie und eine abgerundete Hinterhand haben. Das Tier ist im Gesamten kurz und geblockt. Der Kopf zeigt ein stark gebogenes und sehr breites Nasenbein, sowie eine schöne, stumpfe Schnauze. Die Augen sollten rund, groß und hervorstehend sein. Die Ohren sehen Rosenblättern ähnlich, sind leicht gebogen und nach unten hängend. Die Erfahrung zeigt jedoch, das Ohren die sehr groß, am Kopf wie „Waschlappen“ herabhängen, der Vorzug gegeben wird.

Weiterhin hat das Rassemeerschweinchen, wie jedes andere Meerschweinchen auch, vier Beine mit je einem Fuß, wobei die Füße der Vordergliedmaßen vier Zehen, die der Hintergliedmaßen drei tragen. Im Ober- und Unterkiefer befinden sich je zwei Schneidezähne und 8 Backenzähne.

Das Haar der Kurzhaarrassen ist 3-3,5cm lang, entweder anliegend oder abstehend, je nach Haarstruktur. Das der Langhaarrassen ist stetig wachsend und wird aber auf Bodenlänge gekürzt. In jedem Fall ist das Fell geschlossen und dicht.

Der Preisrichter wichtet bei seiner verantwortungsvollen Aufgabe, die einzelnen Punkte unterschiedlich stark, um zum Endprädikat zu gelangen, so macht der Typ und Bau, Kopf, Augen und Ohren 30%, der Behaarungszustand 10%, Kondition und Pflegezustand 15% und die spezifischen Rassemerkmale 45% des Prädikats aus. Aufgabe des Preisrichters ist es im übrigen nicht allein, die besten Tiere der Ausstellung zu finden, sondern dem Züchter zu sagen, inwieweit sein Tier dem Ideal des Verbandsstandards entspricht und ob es zur Weiterzucht geeignet ist.

 Als Resumé bleibt nur zu sagen, dass das Rassemeerschweinchen im Gesamten rund und kräftig ist und es eine verantwortungsvolle Aufgabe des Züchters ist, das Erscheinungsbild des Rassemeerschweinchens zu beeinflussen und darauf zu achten, das es nicht zum Nachteil des Tieres gereicht.

 

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